Wenn Sie regelmäßig zu unseren Veranstaltungen eingeladen werden möchten, nehmen wir Sie gern in den Veranstaltungsverteiler des Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt auf. Bitte verwenden Sie dafür unser Online-Anmeldeformular.
PROGRAMM
Begrüßung
Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin
Grußwort
Lala Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin
Gedenkrede
Inge Deutschkron (*1922), Autorin und Journalistin aus Berlin
Musikalische Umrahmung: Berliner Singakademie
Berliner Schülerinnen und Schüler tragen Gedichte vor.
Am 18. Oktober 1941, vor 70 Jahren, verließ der erste Berliner »Osttransport « mit 1.089 jüdischen Kindern, Frauen und Männern den Bahnhof Grunewald in Richtung Ghetto Litzmannstadt. Am 16. Oktober hatte die Gestapo mit Einweisungen in das Sammellager Levetzowstraße, im Gebäude der Synagoge, begonnen. Dann mussten die Juden »in einem langen Zug durch die Stadt laufen«, wie Hildegard Henschel, die Ehefrau des letzten Berliner Gemeindevorsitzenden, später schrieb. »… abgeholt!« wurde zum Inbegriff für Deportation. Bis zum 27. März 1945 folgten weitere Verschleppungen in den Osten. 55.000 der 160.000 Mitglieder in Berliner jüdischen Gemeinden vor 1933 fielen dem nationalsozialistischen Vernichtungsprogramm zum Opfer.
19.00 Uhr Eröffnung der Sonderausstellung durch Inge Deutschkron, Vorsitzende des Fördervereins Blindes Vertrauen e.V., und Prof. Dr. Johannes Tuchel
„ … und immer wieder bewundern wir Eure mit aufopfernder Liebe prima gepackten Pakete.“
Postkarten aus dem Ghetto Theresienstadt 1943–1944
Otto Weidt unterstützte nicht nur in Berlin seine Schützlinge mit Quartieren, Nahrungsmitteln und falschen Papieren. Zwischen Oktober 1943 und Oktober 1944 gelang es ihm mit der Unterstützung einiger Helferinnen und Helfer, mehr als 150 Lebensmittelpakete an seine im Ghetto Theresienstadt inhaftierten Arbeiterinnen und Arbeiter, deren Angehörige und Freunde, zu schicken.
Otto Weidt ließ sich dabei weder von der Lebensmittelrationierung noch von den hohen Schwarzmarktpreisen abschrecken. Die hier gezeigten 113 Postkarten dokumentieren eine in ihrem Umfang einzigartige Hilfsaktion.
Otto Weidt half den aus Berlin Deportierten in Theresienstadt zu überleben, bis die meisten von ihnen im Herbst 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet wurden.
20.00 Uhr Ensemble Zwockhaus im Kino Central
Theresienstadt, die schönste Stadt der Welt! – Chansons und Satiren
Konzeption und Moderation Winfried Radeke
Das Ensemble Zwockhaus stellt unbekannte Lieder und Gedichte aus dem Ghetto Theresienstadt vor.
21.00 Uhr Führung durch die neue Sonderausstellung
22.00 Uhr und 23.00 Uhr Führungen durch das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt und die Gedenkstätte Stille Helden.
In Kooperation mit dem Jugendkulturservice Berlin finden auch in diesem Jahr zwei Workshops für Kinder ab 10 Jahren statt. Nach einer Führung durch das Museum stellen die Kinder unter Anleitung des Bürstenmachers Volker Schröder ihren eigenen Handfeger her.
Moderation:Dr. Peter Klein
Valentina Loewenstein wurde 1922 als Tochter lettisch-jüdischer Eltern in Riga geboren. Die Familie zog nach Paris und 1926 nach Berlin, wo ihr Vater unter anderem für die UFA arbeitete. Angesichts der Judenverfolgungen in Deutschland kehrte die Familie 1935 nach Riga zurück. Nach der sowjetischen Besetzung Lettlands heiratete Valentina am 16. Juni 1941 den Medizinstudenten Dietrich Feinmanis. Nur wenige Tage später überfielen deutsche Truppen die Sowjetunion und besetzten Ende Juni 1941 Riga.
Valentina Feinmanes ganze Familie (23 Menschen) fiel dem Massenmord an den Insassen des Rigaer Ghettos am 30. November 1941 zum Opfer. Sie selbst konnte der Einweisung ins Ghetto durch Flucht in ein Versteck bei ihrem Ehemann entkommen, der als „Halbjude“ auf der „arischen“ Seite der Stadt leben durfte. Das Versteck wurde verraten. Dietrich Feinmanis kam in Haft und ist vermutlich im Zentralgefängnis von Riga umgekommen. Valentina gelang die Flucht. Nachdem sie sich bei einem deutschen Feldwebel und häufig wechselnden Helfern verborgen hatte, kam sie in Kontakt mit dem früheren Publizisten und liberalen Politiker Paul Schiemann und dessen Ehefrau Charlotte, die Valentina in ihrem Haus in Riga-Atgāzene aufnahmen. Dort konnte die junge Frau anderthalb Jahre bis zum Tode Paul Schiemanns im Juni 1944 unerkannt bleiben.
Paul Schiemann, selbst deutsch-baltischer Herkunft, gilt als Vordenker einer modernen europäischen Minderheitenpolitik. Nach dem ersten Weltkrieg von Berlin nach Lettland zurückgekehrt, wirkte er als Abgeordneter des lettischen Parlaments und Herausgeber der deutschsprachigen Rigaschen Rundschau aktiv am politischen Geschehen des neu entstandenen Staates mit. Er verweigerte sich ab 1939 der „Rückführung“ der deutsch-baltischen Bevölkerung. Nach der deutschen Besetzung war ihm jede öffentliche Betätigung verboten. Charlotte und Paul Schiemann wurden 1999 von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt.
Valentina Freimane, deren Name sich infolge eines Registraturfehlers änderte, promovierte in Kunstgeschichte und arbeitete in Riga als Kunst-, Theater- und Filmwissenschaftlerin, unter anderem an der Akademie der Wissenschaften. Seit 1989/90 lebt sie vorwiegend Berlin. Ende 2010 erschien ihre Autobiographie „Adieu Atlantis“ in lettischer Sprache. Mehrere Übersetzungen, darunter eine deutsche, sind in Vorbereitung.
Dr. Peter Klein, ist Historiker und Mitarbeiter der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Er ist mit vielen Publikationen zur Geschichte des Holocausts, vor allem mit Arbeiten zur Geschichte der Ghettos in Riga und Lodz, hervorgetreten.
Eine Wanderausstellung des Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt und des Fördervereins Blindes Vertrauen e.V.
Mit dem Beginn der Deportationen entschloss sich eine kleine Minderheit von Jüdinnen und Juden unterzutauchen und sich dem Deportationsbefehl zu widersetzen. So konnten ungefähr 1.700 Verfolgte in Berlin überleben.
Sie waren dabei auf die Unterstützung nichtjüdischer Helferinnen und Helfer angewiesen. Die Ausstellung zeigt einige ausgewählte Orte in Berlin und Umgebung, in denen sich Untergetauchte zu verstecken suchten. Unter ihnen sind Prominente, wie die Schriftstellerin Inge Deutschkron, aber auch Personen denen es nicht gelang im Untergrund zu überleben.
In Form eines filmischen Mosaiks montiert die Regisseurin Archivmaterial, Aussagen von Bauers Freunden, Verwandten und Mitstreitern in einer spannenden Handlung das eindrucksvolle Porträt eines der bedeutendsten Juristen des 20. Jahrhunderts. Als hessischer Generalstaatsanwalt (1956-1968) war er der maßgebliche Initiator der Frankfurter Auschwitz-Prozesse. Antisemitische und politische Anfeindungen begleiteten das Leben des deutsch-jüdischen Remigranten aus Schwaben. Seine Todesumstände geben bis heute Rätsel auf.
Im Anschluss an den Film besteht die Möglichkeit zu einem Gespräch mit der Regisseurin.
„Ein Ghetto mit offenen Toren“ dokumentiert den Mikrokosmos einer Straße im Zentrum Berlins und deren städtebaulichen und sozialen Wandel seit 1871. Die unweit des Alexanderplatzes gelegene Grenadierstraße war im Deutsche Kaiserreich und in der Weimarer Republik Ankunftsort von Juden aus ganz Osteuropa, bevor sie in andere Stadtteile Berlins oder in andere Länder Europas zogen. Anhand der Biographien von fünf Familien wird das Leben der jüdischen Bewohner dieser Straße bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts nachgezeichnet. Ein Überlebender der Shoah prägte die Bezeichnung „Ghetto mit offenen Toren“. Horst Helas´ neueste Publikation ist in der Reihe „Jüdische Miniaturen“ im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen (127 Seiten, 12,90 Euro).
Inge Deutschkrons autobiografisches Buch „Ich trug den gelben Stern“ wurde von Volker Ludwig und Detlef Michel für die Bühne umgesetzt. In 33 Szenen erzählt es von der Angst der Verfolgten, von vielen Menschen, die Inge und ihrer Mutter geholfen haben, und nicht zuletzt vom kämpferischen Mut eines jungen Mädchens, das nicht aufgibt. „Ab heute heißt du Sara!", sagt ein Polizeibeamter 1938 zu der 16-jährigen Inge und stempelt ein 'J' in ihren Ausweis - 'J' wie Jude. Von nun an ändert sich alles im Leben der selbstbewussten Berlinerin. Immer auf der Flucht vor den Nazis macht sie mit ihrer Mutter eine Irrfahrt durch Berlin von Versteck zu Versteck. Karten für diese Vorstellungen erhalten Sie beim Grips-Theater. Mehr Informationen unter http://www.grips-theater.de
Moderation: Barbara Schieb, Gedenkstätte Stille Helden
Ruth Jacks wird 1928 in Berlin geboren. Ihr Vater Hermann Jacks ist Jude, ihre Mutter Elly tritt mit der Eheschließung 1927 zum jüdischen Glauben über. Diese Konstellation ist nach 1933 für Ruth und ihre Familie lebensbedrohlich.
Ruth Winkelmann liest aus ihren bisher unveröffentlichten Erinnerungen über ihre Familie, ihre Kindheit und ihr schwieriges Überleben in Berlin. Die Lesung wird begleitet von den noch erhaltenen Fotos und Dokumenten aus Ruth Winkelmanns Privatbesitz.
Es sprechen: Dr. Berthold Weckmann, Programmleitung Verlag Butzon & Bercker Kevelaer und Inge Deutschkron
Inge Deutschkron beschäftigt sich in ihren zahlreichen Publikationen mit der Verfolgung von Juden in der Nazi-Zeit - und damit auch mit ihrer eigenen Situation als Jüdin in Deutschland. Ihr Schicksal als Überlebende des Holocaust ist für sie eine andauernde Verpflichtung, die dunklen wie auch die lichten Erlebnisse in der Vergangenheit gegen das Vergessen wachzuhalten. In Nachfolge zu ihrem Bestseller "Ich trug den gelben Stern", in dem sie ihr Überleben im Berliner Untergrund zwischen 1943 und 1945 schildert, legt Inge Deutschkron in dieser Textsammlung nun eine Quintessenz aus über fünf Jahrzehnten vor, in denen sie gegen das Vergessen gesprochen und geschrieben hat.
Und sie kommt zu einem Fazit, das Hoffnung gibt: "Es gab Menschen, die sahen nicht zu, wie sie uns verfolgten, peinigten, quälten. Sie standen uns bei, halfen uns, versteckten uns, ohne an ihr eigenes Risiko zu denken. Nur wenigen widerfuhr dieses große Glück. Meine Familie sah ich nie wieder. Auch die vielen anderen nicht, die mir Freunde waren. An sie denke ich, wenn ich spreche, wenn ich arbeite, wenn ich mein Leben lebe."
Inge Deutschkrons neueste Publikation ist im Verlag Butzon & Bercker Kevelaer erschienen (240 Seiten, 17,90 Euro).
Anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar 2011 wollen wir wie in den vergangenen Jahren unserer ermordeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Blindenwerkstatt Otto Weidt gedenken und gemeinsam mit Ihnen am Gedenkstein vor der ehemaligen Jüdischen Blindenanstalt in Steglitz Blumen niederlegen.
Programm
· Begrüßung durch Inge Deutschkron,
Vorsitzende des Fördervereins „Blindes Vertrauen e.V.“
· Schüler und Schülerinnen lesen: „Die Mundharmonika“ und „Sapere Aude – Reaktionen auf das Theaterstück ‚Ab heute heißt du Sara’“
· Blumenniederlegung am Gedenkstein
Ort: Ehemalige Jüdische Blindenanstalt, Wrangelstraße 6, Berlin-Steglitz
Die Gedenkfeier wird musikalisch von Luise Rau (Cello) umrahmt, seit 2009 Jungstudentin am Julius-Stern-Institut.